Vorbeugen ist besser als Verletzen

Rennen, Springen, Schießen, plötzlich Ausweichen – wir bewegen uns in Alltag und Sport mit der größten Selbstverständlichkeit. Was das heißt und wie komplex das Zusammenspiel von Muskeln, Bändern und Gelenken funktioniert, wird uns oft erst bewusst, wenn wir uns verletzen. Das umgeknickte Sprunggelenk, das verdrehte Kniegelenk - womöglich ein Kreuzbandriss - viele Sportler können davon berichten.

Was begünstigt solche Verletzungen?

Eine erste Einflussgröße sind die Wettkampfbedingungen. Die hohe Bodenhaftung in der Halle und der vermehrte Körperkontakt auf engem Raum führen z.B. beim Hallenfußball zu einem sechsfach erhöhten Verletzungsrisiko, verglichen mit dem Fußball draußen.

Bei Frauen ist in Sportarten wie z. B. Fußball, Handball und alpinem Skifahren das Risiko für eine Kreuzbandruptur 2-4 fach erhöht gegenüber den Männern. Weibliche Kreuzbänder sind dünner, haben eine geringere Festigkeit und eine geringere Reißfestigkeit als männliche Kreuzbänder und verändern ihre Stabilität auch unter Hormoneinfluss.

Im Wettkampf passieren doppelt so viele Unfälle wie im Training. Die Verletzungshäufigkeit nimmt jeweils im letzten Drittel einer Halbzeit, bedingt durch Ermüdung, deutlich zu.

Warum ist ein Gelenk stabil?

Im täglichen Leben entstehen im Kniegelenk Kräfte des ein- bis zweifachen Körpergewichtes. Im Sport werden Kräfte bis zum 5-fachen Körpergewicht erreicht. Die Bänder allein können solche Kräfte nicht auffangen. Die passiven Bandstrukturen des Knie-oder Sprunggelenkes müssen vor diesen enormen Kräften geschützt werden.

Die aktive Schutzfunktion übernimmt die Muskulatur. Sie stabilisiert das Gelenk. Am Beispiel des Kniegelenkes lässt sich dies gut erläutern. Die hinten liegende Beuge- und die vorne liegende Streckmuskulatur am Oberschenkel wirken für die Stabilisation des Kniegelenkes gegenläufig. Das abgestimmte Zusammenspiel sorgt für die funktionelle Stabilität des Kniegelenkes im Gehen, Laufen und Springen.

Die Streckmuskulatur stabilisiert das Kniegelenk gegen ein Zurückrutschen, die Beugemuskulatur stabilisiert gegen ein Vorwärtsrutschen des Schienenbeinkopfes und schützt so aktiv das vordere Kreuzband. Diese Schutzmechanismen laufen zwar zum größten Teil unbewusst ab, können aber durch ein Trainingsprogramm gebahnt werden.

Wie kann ich mich schützen?

Über ein Training der Stabilisatoren lässt sich die funktionelle Stabilität des Gelenkes für die sportlichen Herausforderungen verbessern und einer Verletzung, z.B. des vorderen Kreuzbandes, vorbeugen. Übungen sollten in jede Einheit des sportartenspezifischen Trainingsprogramms integriert werden. Diese Übungen zielen darauf ab, dynamische Stabilität und Kraft zu trainieren. Core Stabilität, Stretching, Schnellkrafttraining (plyometrisches Training), Bewegungswahrnehmung und Entscheidungsstärke in einer Wettkampfsituation sind Komponenten, die ein erfolgreiches Präventionstraining ausmachen. So vorbereitet reduziert sich die Gefahr einer Verletzung erheblich.

Ziel ist es, die Kräfte bei den Sprunglandungen zu minimieren (Landung möglichst beidbeinig, Training der beugeseitigen Schutzmuskulatur für das Kreuzband) und das Abweichen des Gelenkes in die O- oder X- Beinposition zu vermindern (Koordinationstraining, Core Training. Propriozeption). Übungen, die die Muskelaktivierung optimieren (Schnellkraft, Plyometrisches Training) schützen bei schnellen Bewegungen und unvorbereiteten Bewegungsabläufen insbesondere in Kontaktsportarten.

Es konnte gezeigt werden, dass durch ein solches Trainingsprogramm das Risiko eines Kreuzbandrisses um den Faktor 2,5 deutlich minimiert werden kann. Auch die Sprunggelenksverletzungshäufigkeit wird sicherlich reduziert. Nicht nur der Einzelne, sondern auch Mannschaften profitieren erheblich durch die niedrigere Verletzungshäufigkeit. Vorbeugen ist besser als Verletzten.

Serie: Sportverletzungen

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