Beckenbodenzentrum AGUB III

Im Beckenbodenzentrum des Zentrums für Frauenheilkunde wird schwerpunktmäßig Inkontinenz behandelt und plastische Beckenbodenchirurgie durchgeführt. Außerdem hat sich das Ärzteteam auf die Therapie bei Stressinkontinenz und die Therapie bei Drang-Inkontinenz spezialisiert.

Unwillkürlicher Verlust von Harn (Inkontinenz), Senkungszustände
Die operative Therapie der Harninkontinenz hat sich in den letzten Jahren revolutioniert. Moderne Methoden wie das TVT (tension free vaginal tape) oder verwandte Techniken haben ältere operative Methoden in den Hintergrund treten lassen. Auch in der medikamentösen Therapie, insbesondere der Dranginkontinenz (die Patientin hat das Gefühl, sofort auf die Toilette zu müssen und verliert dabei bereits Urin) gibt es gute Fortschritte.

Prinzipiell werden zwei Hauptformen der Harninkontinenz unterschieden. Die bereits erwähnte Dranginkontinenz und die etwas häufigere Belastungsinkontinenz (früher als Stressinkontinenz bezeichnet). Letztere wird selten durch Medikamente behandelt, sondern, wenn das Training des Beckenbodens nicht mehr ausreicht, durch eine Operation. Aber auch die Dranginkontinenz ist in bestimmten Fällen durchaus einer operativen Therapie zugänglich, was den betroffenen Frauen häufig einen sehr großen Vorteil bringt.

Am Beginn jeder Therapie steht eine exakte Diagnose. An dem urodynamischen Messplatz der gynäkologischen Klinik des Zentrums für Frauenheilkunde werden die Druckwerte der Harnblase und der Harnröhre bei verschiedenen Belastungen genau bestimmt. Eine spezielle Form der Ultraschalluntersuchung ermöglicht Einblicke, nicht nur in das Aussehen der betroffenen Organe, sondern auch in deren Funktion. Auf Röntgenuntersuchungen wird im Zentrum für Frauenheilkunde fast regelhaft verzichtet. Grundlage dieser Überlegungen ist, dass der unwillkürliche Verlust von Harn seine Ursachen nicht nur in Harnblase und Harnröhre hat, sondern dass das gesamte innere Genitale der Frau als Einheit betrachtet werden muss. So führen Senkungszustände von Gebärmutter und Scheide zu Irritationen, die sowohl für eine Belastungs-, aber auch für eine Dranginkontinenz mit verantwortlich sein können. Hier gilt es sorgfältig zu diagnostizieren.

Die operative Therapie der Harninkontinenz hat durch die Einführung des TVT (tension free vaginal tape) eine erhebliche Verbesserung erfahren. Neuere, ähnliche Methoden, wie das TVT-O sind noch sicherer und sehr zuverlässig. Bei allen diesen Techniken wird von der Scheide aus ein kleines Bändchen unter die Harnröhre platziert, welches diese beim Husten, Hüpfen oder sonstiger Belastung (daher der Name Belastungsinkontinenz) dicht hält.

Über eine wichtige Nebenwirkung dieser Technik wird allerdings zu wenig gesprochen. Manche Frauen klagen über anhaltende sexuelle Beschwerden nach diesem Eingriff. Durch eine spezielle, eigene Operationstechnik im Zentrum für Frauenheilkunde kann diese jedoch im Regelfall vermieden werden. Es gibt natürlich noch andere Methoden der Operation für diese Form des unwillkürlichen Harnverlustes. Diese werden meist durch einen Bauchschnitt durchgeführt. Die operative Therapie von Senkungszuständen war in der Vergangenheit wenig Erfolg versprechend. Auch hier können, durch moderne Arten von Schlingenoperation und Einsatz von Kunststoffnetzen, die langfristigen Operationsergebnisse erheblich verbessert werden. In der gynäkologischen Klinik des Zentrums für Frauenheilkunde werden diese Eingriffe mittlerweile auch auf minimal invasivem Wege durchgeführt, so dass die Patientinnen nur wenig belastet werden.

Therapie der Belastungsinkontinenz

Bei leichteren Formen reicht es aus, die Beckenbodenmuskulatur zu stärken. Die Therapie beschränkt sich vorerst auf Beckenbodengymnastik und die Elektrostimulation des Beckenbodens. Weitere konservative Trainingsmöglichkeiten sind Kolpexin (eine Doppelkugel, bei der eine kleine Stahlkugel innerhalb einer Plastikkugel für Vibrationen im Beckenbodenbereich sorgt), sowie ein Biofeedback- Gerät, das der Patientin erkennen hilft, welche Muskulatur sie anspannt. Alle diese Dinge sind aber nur bei leichten Formen der Stressinkontinenz angebracht und können erreichen, dass die Patientin die Beckenbodenfunktion nach geburtshilflichen Traumen wiedererlernt, wobei die Betonung auf "wieder" liegt.

Bei schwereren Formen kann ein Pessar zur äußeren Stützung einlegt werden. Es gibt flexible Ring- oder Siebpessare sowie Würfelpessare. Diese Therapie ist aber nicht auf Dauer angezeigt und erreicht auch meist nur einen kurzfristigen Effekt. Medikamentös kann die Therapie einer Stressinkontinenz durch Gabe von Östrogenen unterstützt werden. Dazu dienen neben Scheidenzäpfchen, Cremes und einem Östrogen - absondernden Intravaginal-Ring auch Tabletten sowie östrogenhaltige Pflaster. Die operative Therapie der Stressinkontinenz kann mittels Zugang durch die Scheide oder durch Bauchschnitt erfolgen, wobei das Ziel der Therapie darin besteht, den gesenkten Blasen – Harnröhren - Übergang wieder in seine normale Lage zu bringen und zu fixieren. Dazu dienen folgende Operationsverfahren:

Scheidenaufhängung nach BURCH (vom Bauch aus):
Diese Methode ist zur Zeit die am häufigsten angewandte, wobei durch dieses Verfahren die Harnröhre wie in einer Hängematte im hinteren kleinen Becken aufgehängt wird und dadurch ein funktionell gutes Ergebnis erreicht wird. Erfolgsergebnisse schwanken zwischen 80 und 90 %, die Langzeitergebnisse unterscheiden sich nur unwesentlich. Die häufigste Schlingenoperation TVT (tension free tape) erfolgt durch die Scheide und hat den Vorteil, dass in örtlicher Betäubung oder Regionalanästhesie operiert wird. Dadurch kann unter Mitwirkung der Patientin das Ausmaß der operativen Korrektur kontrolliert werden. Entscheidend für den Erfolg, besonders der operativen Therapie, ist nicht nur die intensive Diagnostik vor der Operation, sondern auch die individuelle Nachbetreuung der Patientinnen danach. Eine intensive krankengymnastische Behandlung gehört zum Gesamtkonzept der Therapie unbedingt dazu. Die Patientin wird auf jeden Fall ihre Lebensweise der gestörten Beckenbodenfunktion anpassen müssen, d. h. zunächst schweres Tragen und Heben vermeiden, eine körperlich leichte Tätigkeit aufnehmen sowie im Falle von Übergewicht eine Gewichtsreduktion auf das Normalgewicht anstreben. Ausreichende körperliche Betätigung und Sport sind jedoch ebenfalls anzuraten.

Therapie der Dranginkontinenz

Die Therapie der Dranginkontinenz geschieht durch Medikamente mit den Inhaltsstoffen Trospium, Propiverin und Tolterodin. Dabei richtet sich die Therapie hauptsächlich nach den Erfahrungswerten des Arztes und der Verträglichkeit des Medikaments für die Patientin.

Durch die medikamentöse Therapie kann in 50 bis 60% der Fälle ein Behandlungserfolg erzielt werden. Die Reflexinkontinenz wird entsprechend ihrer Ursache (durch Verletzung oder durch Tumor entstanden) von dem jeweiligen Facharzt mitbetreut.