Beckenbodenschäden nach Entbindung – die OP-Methode "Preanal repair"

Fragen von Betroffenen - Antworten von Prof. Dr. h.c. (TashPMI) Dr. med. habil. Mathias Löhnert

Bei der OP-Methode „Preanal repair“ handelt es sich um eine Kombination unterschiedlicher OP- Schritte, die in unserer Klinik in Abhängigkeit der Befunde, die wir vor der OP finden, an jede/n Patient*in individuell angepasst vornehmen. Sie ist nicht zu verwechseln mit der OP „Preanal repair“, die der englische Chirurg Parks vor Jahrzehnten beschrieben hat, die aber zum Teil die Anregung für unsere OP-Technik gegeben hat. Da es über diese OP-Methode keine Veröffentlichungen gibt, die die Methode näher für Laien erklärt, beantworten wir gerne im Folgenden Fragen, die unsere Patientinnen häufig vor der OP haben.

Im folgenden Interview haben von Beckenbodenschäden nach einer Entbindung betroffene Frauen Fragen formuliert, die von Chefarzt Prof. Dr. Dr. med. Löhnert beantwortet wurden.

FRAGEN ZUR OP-METHODE

Wie wird die OP nach der „Preanal repair“ Methode durchgeführt?

Die genaue Durchführung der Operation hängt von den Befunden ab, die wir bei den Untersuchungen finden, so dass die Durchführung je nach Befunden von Patientin zu Patientin variieren kann. Häufig liegt eine Kombination aus Schließmuskelverletzung, Beckenbodensenkung und einer Rektocele (taschenförmige Ausbuchtung der Mastdarmwand, die sich in die Scheide vorwölbt) vor. Je nach Ausmaß der Verletzungen im Schließmuskelbereich können sich die Beschwerden dann bei ausgedehnten Schließmuskelverletzungen in Form von Inkontinenz für Winde oder Flüssigkeiten, weichen Stuhl bis hin zu kompletter Inkontinenz äußern. Sind die Schließmuskelverletzungen nur gering, werden zum Teil Druckgefühl im Beckenboden-/ Vaginalbereich beschrieben, manchmal auch bei größerer Rektocele das Gefühl, dass nach dem Stuhlgang noch nicht alles aus dem Darm entleert werden konnte, man manchmal sogar innerhalb von relativ kurzer Zeit (Minuten bis wenige Stunden) noch mehrfach auf die Toilette geht und nochmals wenig Stuhl kommt. Allen Patientinnen ist gemein, dass sie mehr Toilettenpapier für die Reinigung benötigen, bisweilen Wäsche oder Vorlagen auch nicht ganz sauber bleiben.

Bei der Operation wird ein kleiner Schnitt quer am Hinterrand der Vagina im Dammbereich gemacht, dann der Darmschließmuskel von der Scheidenhinterwand abgelöst. Das kann bei ausgeprägten Schließmuskelschäden sehr schwierig sein, weil alles vernarbt ist und keine richtigen Schichten mehr vorhanden sind.

Da, wo der Schließmuskel aufhört, beginnt der Mastdarm. Um hierhin zu gelangen, kommt man automatisch am untersten Anteil der Beckenbodenmuskeln vorbei, dem Musculus puborectalis (kurz Puborectalis), der Scheide und Darm wie ein vorne offenes „U“ umfasst und von bei diesem Abschnitt der OP erst einmal zur Seite gehalten wird.

Der Mastdarm wird jetzt soweit wie möglich (meist ca. 10 cm, die genaue Länge hängt von dem Beginn des Beckeneingeweideraumes, genauer, dem sogenannten Douglasraum ab) von der Scheide abgelöst. Wenn hier keine Verletzungen vorliegen (was SEHR selten ist), geht dieser OP-Schritt sehr schnell und einfach, Darm und Scheide sind hier nur locker mit dünnen Bindegewebsfäden miteinander verbunden, die man mit einem kleinen Tupfer fast wie Spinnenweben auseinander schieben kann.

Da die Rektocele ein ausgedünnter Anteil der Mastdarmvorderwand ist, ist damit die Rektocele auch gleich von der Scheidenhinterwand abgelöst und liegt jetzt schlaff oberhalb des Schließmuskels. Grundsätzlich gibt es unterschiedliche Methoden, eine Rektocele zu beseitigen, oft wird der ausgedünnte Darmwandsack von anderen Operateur*innen einfach weggeschnitten und der Darm wieder vernäht. Der Vorteil: Der Sack ist weg. Der Nachteil: Der Mastdarm hat unter anderem die Funktion, den Stuhlgang zu speichern, bis wir auf Toilette gehen. Wenn man aber eine Rektocele entfernt, verkleinert man damit das sogenannte Reservoirvolumen des Mastdarmes, so dass kleinere Stuhlgangsmengen schneller einen größeren Druck auf den Schließmuskel ausüben. Ist der Schließmuskel aber geschwächt (z.B. durch eine Verletzung), kann es passieren, dass dann eine, vorher vom Schließmuskel gerade eben noch kompensierte, Inkontinenz demaskiert wird und die Patientin nach der OP auf einmal erstmalig über Inkontinenzsymptome klagt. Aus diesem Grund entfernen wir die Rektocele nicht mehr, falls wir einen Schließmuskelschaden festgestellt haben, sondern falten sie wie eine Ziehharmonika zusammen. Wenn man nur die so entstehenden Falten der Ziehharmonika am oberen, scheidennahen Rand mit Fäden zusammen zieht, kann sich zwar zum Darm hin der Mastdarm noch ausdehnen und Stuhl aufnehmen, wegen der Fäden zur Scheide hin aber nicht mehr in die Scheide hinein drücken und dort, in die Scheide vorgewölbt, somit auch nicht mehr Stuhlgang „speichern“ – die Rektocele ist somit beseitigt, ohne, dass die Speicherfähigkeit des Mastdarmes wesentlich verändert wurde. Dies bezeichnen wir als REKTOCELENRAFFUNG.

Um diese Faltung durch eine Naht zu erzielen, werden je nach Größe der Rektocele 3 bis 4 Fäden verwendet und diese am Schließmuskel beginnend in Längsrichtung (also nach oben, in Richtung auf das Beckeninnere) immer wieder in die Rektocele und Mastdarmvorderwand ein- und wieder ausgestochen, bis man an das Ende der Ablösung des Mastdarmes von der Scheide kommt. Wichtig ist dabei, dass die erste Naht IMMER die Oberkante des Schließmuskels mit fasst. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Rektocele zwischen dem rechten und linken Schenkel des Puborectalis fixiert wird. Das ist deshalb wichtig, weil in dem jetzt folgenden Schritt der OP der Puborectalmuskel ZWISCHEN Darm und Scheide mit weiteren Nähten zusammen gezogen wird, aus dem „U“ also quasi eine „8“ gemacht wird (die allerdings im vorderen Bereich vor der Scheide offen bleibt). Ohne das Mitstechen der Schließmuskeln würde die gefaltete Rektocele nach oben rutschen und könnte sich langsam wieder ausdehnen und eine neue Rektocele könnte entstehen. Durch diese neu geschaffene Muskelschicht zwischen Darm und Scheide wird die Rektocele auf der Darmseite gehalten und ein muskulärer Wiederstand gegen Druck in Richtung Scheide verhindert zusätzlich eine erneute Rektocelenbildung.

Bevor der Puborectalmuskel zwischen Darm und Vagina zusammen gezogen wird, werden eventuell vorhandene narbige Lücken im Puborectalmuskel noch mit Nähten verschlossen. Das Zusammenziehen der Puborectalisschenkel zwischen Darm und Vagina hebt gleichzeitig den Beckenboden um 1 bis 2 cm an und entlastet so die Beckenbodennerven (Nervi pudendi) vom Zug durch eine Beckenbodensenkung. Dieser Teil der OP, das Vereinigen der Puborectalisschenkel mit eventueller Naht von Verletzungen, wird „LEVATORPLASTIK“ genannt.

Also letzter OP- Schritt, der „SCHLIEßMUSKELREKONSTRUKTION“, wird die Haut vom Schließmuskel abgelöst und der Schließmuskel auf beiden Seiten möglichst weit in Richtung auf das Steißbein von seinen natürlichen Verklebungen gelöst. Nachdem der Schließmuskel so dargestellt ist, lässt sich die narbige Lücke im Muskel gut identifizieren. Anders als in vielen Lehrbüchern beschrieben, schneiden wir die Narbe aber nicht weg und vernähen dann den Muskel, sondern lassen die Narbe stehen und legen die gesunden Muskelränder so übereinander, dass die Narbe dazwischen zu liegen kommt. Dieses Vorgehen, auch Dopplung genannt, hat zwei Vorteile: a) durch die Narbe, die bei den Nähten des Muskels mitgestochen wird, ist die Haltbarkeit der Nähte verbessert und b) selbst wenn es zu Heilungsstörungen kommen sollte, kann das Ergebnis nicht schlechter als zuvor werden, weil im schlimmsten Fall durch eine Entzündung unsere Nähte nicht halten und der Muskel wieder in den gleichen Zustand wie vor der OP zurück wandert – im Gegensatz zu der Technik, wo die Narbe entfernt wird: Hier können sich bei Heilungsstörungen die Ränder des vernähten Schließmuskels immer weiter auseinander ziehen, so dass die Lücke nach Ausheilung größer als vor der OP sein kann – was erklärt, warum viele Chirurg*innen immer noch sagen, dass das Ergebnis nach einer OP schlimmer als vor der OP werden kann.

Zum Abschluss wird der vernähte Schließmuskel wieder an die Scheidenhinterwand angenäht (DAMMPLASTIK oder DAMMAUFBAU), um dem Damm wieder die normale Form zu geben, die einen Übertritt von Schleim oder Stuhlresten in die Scheide mit nachfolgenden Scheideninfektionen verhindert.

Operieren Sie mit Ihrer Methode nur Rektozele, Dammrekonstruktion und Levatorplastik, wenn kein Schließmuskel-Defekt vorliegt?

Ja, selbstverständlich. Wie schon beschrieben, hängen Art und Umfang der OP von den von uns vorab gefundenen Verletzungsmustern ab. Ist kein Schließmuskeldefekt vorhanden (was aber leider bei unseren Patientinnen selten vorkommt), wird der Schließmuskel auch nicht bei der OP verändert.

Wie sieht es aus, wenn lediglich der innere Schließmuskel ausgedünnt ist?

Der innere Schließmuskel ist sehr dünn und besitzt keine Muskelhaut oder Silberhaut (Fachausdruck: Faszie). Nähte, die nur Muskeln alleine vernähen, heilen erfahrungsgemäß nicht/schlecht, es kommt oft zu weiteren Einrissen der Muskeln, weshalb wir, wie bei der OP-Technik für das „Preanal repair“ beschrieben, nicht den äußeren Schließmuskel direkt nähen, nachdem die Narbe entfernt wurde, sondern quasi als Faszienersatz die Narbe verwenden, die bei dieser OP belassen wird.
Liegt ein Schaden am inneren UND äußeren Schließmuskel vor, löst man die beiden Muskeln nicht voneinander, sondern doppelt den Schließmuskel in der Technik, wie beim „Preanal repair“ beschrieben. Durch die „Raffung“ des äußeren Schließmuskels kommt es dann auch durch die Verwachsungen zwischen innerem und äußerem Muskel zu einer Verringerung der narbigen Lücke im inneren Schließmuskel.

Ist der innere Schließmuskel allein geschädigt (was eher nach proktologischen Operationen vorkommt, ich aber nach Entbindungen noch nie gesehen habe), versucht man erst über Muskeltraining des äußeren Schließmuskels (der innere ist ein sogenannter glatter Muskel und kann nicht trainiert werden) eine Kompensation des Ausfalls des inneren Muskels durch den äußeren zu erreichen. Gelingt dies auch nach einem halben Jahr Biofeedback (Therapiemethode) nicht, gibt es zur Zeit noch zwei Möglichkeiten, die Kontinenz zu verbessern: Die Testung, ob mittels einer Sakralnervenmodulation (Interstim®, sog. „Beckenbodenschrittmacher“) eine Verbesserung möglich ist oder die Implantation eines künstlichen Schließmuskels. Hierfür wäre eigentlich der magnetische künstliche Schließmuskel Fenix ® ideal, allerdings hat der Hersteller das Produkt vor einiger Zeit wegen zu geringer Verkaufszahlen vom Markt genommen. Im Frühjahr 2022 soll aber ein neues vergleichbares System auf den Markt kommen, was wir als eine der ersten Kliniken auch einsetzen werden können.

Kann der innere Schließmuskel generell rekonstruiert werden?

Eine alleinige Rekonstruktion des inneren Schließmuskels ist leider nicht möglich (bis jetzt…). Es gibt aber Verfahren, eventuell vorhandene Beschwerden durch andere Verfahren zu verbessern. Genauer ist dies in dem Punkt „Wie sieht es aus, wenn lediglich der innere Schließmuskel ausgedünnt ist?“ beschrieben.

Welche Teile des Kontinenzapparates können neben dem Sphinkter (Schließmuskel) noch repariert werden?

Der M. puborectalis und M. levator ani können je nach Ausmaß und Lokalisation der Verletzung rekonstruiert werden. Bei Schäden am Beckenbodennervensystem durch Überdehnung bei Senkung kann die Senkung behoben werden. Nach Anheben des Beckenbodens erholt sich der Nerv unter Biofeedback mit Elektrostimulation bei bis zu 70% der Betroffenen innerhalb von einem halben Jahr so weit, dass eine deutliche bis fast vollständige Beschwerdefreiheit erreicht werden kann. Es gibt noch weitere Folgen von Geburtsverletzungen, die nicht den Kontinenzapparat selber direkt betreffen, diesen aber indirekt negativ beeinflussen können (z.B. Ausbildung eines (Teil-) Darmvorfalles). Hier sollte eine komplette Diagnostik erfolgen und dann individuell die beste Vorgehensweise besprochen werden.

Kann ein „Preanal repair“ bei Avulsion/Teilavulsion gemacht werden?

JA. Warum? Wenn neben der Avulsion oder Teilavulsion auch direkt die Sphinkteren betroffen sich oder sich (was nicht selten ist) eine Rektocele gebildet hat, können diese zusätzlichen Schäden die Beschwerden, die die Avulsion auslöst, deutlich verschlimmern. Insofern kann es in Abhängigkeit von Ausmaß und Art der Beschwerden sinnvoll sein, diese Verletzungen zu beheben, was zu einer Verbesserung der Symptome führen KANN, aber nicht muss. Wieweit eine Verbesserung der Lebensqualität bei Avulsion durch ein „Preanal repair“ erreicht werden kann, hängt u.a. von Art und Ausmaß der Avulsionsverletzung ab und lässt sich oft leider nicht vorher sagen.

Angenommen man hat einen unversorgten Dammriss. Welche Strukturen bleiben auch nach der OP defekt? Z.B. Bulbospongiosus?

Wenn wir einen Bulbospongiosusdefekt finden, der von unserem Schnitt aus zu versorgen ist, wird er mit genäht. Die Frage ist also sehr individuell zu beantworten: Wir eröffnen die Haut im Damm. Alles, was man von dort aus erreicht, kann mit rekonstruiert werden. Von einer zusätzlicher OP in gleicher Narkose mit gesondertem Schnitt After-fern rate ich wegen der Gefahr der Verschleppung von Darmbakterien in andere Wundbereiche zum Zeitpunkt des „Preanal repairs“ ab.

Macht ein aufrechtes Defäkations-MRT Sinn, um das Ausmaß der Beckenbodensenkung möglichst exakt zu bestimmen?

Grundsätzlich ja. Allerdings zeigt meine Erfahrung, dass nicht die Frage, ob das MRT im Liegen oder aufrecht durchgeführt wird, entscheidend ist, sondern die Qualität der Durchführung. Bei der MR- Defäkographie handelt es sich um eine dynamische funktionelle Untersuchung. Das bedeutet, dass der/die Radiolog*in, der/die die Untersuchung durchführt, viel Erfahrung benötigt und wissen muss, was uns Chirurg*innen/ Gynäkolog*innen/ Urolog*innen (Reihenfolge alphabetisch geordnet, nicht wertend!) interessiert, was wir wissen möchten/müssen.

Ein Beispiel, um diesen Umstand zu erklären: Während bei der Röntgen-Defäkographie durch das Röntgenbild das gesamte Becken, also der gesamte Darm, auf jedem Bild, jedem Videoabschnitt zu sehen ist, muss der/die Untersucher*in im Kernspin eine Schnittebene, also eine ca. 1 cm dicke Schicht festlegen, wo er/sie die Bilder/das Video machen will. Dazu muss er/sie die Untersuchung dauernd begleiten, weil sich durch die Bewegung die Schichtebene oft verändert, besonders, wenn durch einseitige Muskelverletzungen der Darm, aber auch Scheide und Blase, sich beim Kneifen oder Pressen auf eine Seite, also aus der Sichtebene heraus, verschieben. Der/die Untersucher*in muss also während der ganzen Untersuchung dabei bleiben und oft nachträglich anpassen. Sonst sieht man auf den Bildern schlicht und einfach nicht das, was man sehen will, weil es eben nicht auf der Schnittebene getroffen ist.

Ich habe tatsächlich in meiner Tätigkeit drei Frauen untersucht, bei denen die geklagten Beschwerden nicht mit dem bei uns angefertigten Ergebnissen im Defäkations-MRT übereinstimmten. Da wir bis jetzt leider kein Aufrecht-MRT haben, haben wir in diesen Fällen eine herkömmliche (Röntgen-)Defäkographie durchgeführt (wie wir es bei allen machen, die wegen Schrittmacher/Platzangst nicht in das MRT können) und dabei lageabhängige Veränderungen gefunden, die erst aufrecht nachweisbar waren. Allerdings war das in allen drei Fällen keine Frau mit Geburtsverletzung als Ursache der Vorstellung, sondern es handelte sich um andere Erkrankungen.
Also: Wenn ein Aufrecht-Defäkations-MRT von einem/einer Untersucher*in durchgeführt wird, der/die diese Methode in einer großen koloproktologischen Klinik gelernt hat (wir Chirurg*innen schimpfen in jeder Frühbesprechung bei unzureichenden Bildern mit den Radiolog*innen, das ist ein SEHR guter Lernanreiz…) und auch mit dauernder Präsenz durchführt, dann ist dies sicher zu begrüßen. Nach meiner Erfahrung und ebenfalls der Erfahrung von Kolleg*innen, die sich mit diesem Thema auch intensiv beschäftigen, spielt die Position bei der Untersuchung aber in den meisten Fällen keine Rolle.

Wie machen Sie die Dammrekonstruktion?

Bitte schauen Sie unter der Beschreibung der OP „Preanal repair“ nach, es ist dort beschrieben.

Ist die OP wiederholbar? Wenn ja, wie oft?

Grundsätzlich ja, allerdings sollte man bei wieder auftretenden Beschwerden genau überprüfen, wie es dazu kommen konnte (z.B.: Andere Formen der Beckenbodenstörungen, die neu aufgetreten sind? Nicht konsequent lebenslang durchgeführte Beckenbodengymnastik?). Da ich diese OP bisher nicht mehr als zwei Mal beim/bei der gleichen Patient*in machen musste, kann ich nicht sagen, wie oft das überhaupt möglich ist, denke aber, dass Beschwerderezidive andere Ursachen haben, die man (s.o.) genau vor erneuter OP evaluieren sollte.

Gibt es andere Ärzt*innen, die Ihre Methode bei Ihnen erlernt haben? Also auch in anderen Städten?

Die Kolleg*innen, die ich ausgebildet habe und die die Klinik bisher verlassen haben, arbeiten in Praxen. Da diese OP aber im Krankenhaus erfolgen muss, wird –Stand heute- diese OP in dieser Form nach meinem Wissensstand nur hier in unserer Klinik durchgeführt (Stand 2021). Da es sich um eine Kombination unterschiedlicher OP-Methoden handelt, die aber alle im Einzelnen bekannt sind, ist es möglich, dass Kolleg*innen in anderen Kliniken ähnlich operieren, ohne, dass ich das konkret weiß.

Wie oft pro Jahr wird die OP im Klinikum Bielefeld Rosenhöhe durchgeführt?

Wenn man alle Gründe für solche Rekonstruktionen zusammen nimmt, also nicht nur aufgrund von Geburtsverletzungen: Circa 300 mal im Jahr.

Wie oft wurde die OP bisher insgesamt durchgeführt?

Ich bin seit 2000 hier Chefarzt, habe von 1993 bis 2000 als Leiter der Proktologie der Universitätsklinik Kiel diese OP zuvor auch in Kiel (allerdings nicht so häufig wie in Bielefeld) durchgeführt. Die genaue Zahl kann ich nur schätzen, sicher über 10 000 mal.

Macht die OP-Methode auch bei einem Nervenschaden Sinn? Was deutet auf einen Nervenschaden hin?

Ja, weil eine Senkung des Beckenbodens oft einen Nervenschaden durch Überdehnung erst ausgelöst hat. Dann besteht eine ca. 70%ige Wahrscheinlichkeit, dass sich der Schaden nach Anhebung des Beckenbodens verbessert. Auch wenn der Schaden bei Entbindung direkt entstand, macht es bei Nachweis einer Senkung Sinn, den Beckenboden wieder anzuheben, da bei Fortbestehen der Senkung das Risiko des Fortschreitens des Nervenschadens besteht. Anders formuliert: Im besten Fall wird sich das Problem ca. 6 Monate nach OP bessern, im schlechtesten Fall in Zukunft nicht schlechter werden, weil man durch das Anheben des Beckenbodens eine Verschlechterung der Nervenfunktion durch weitere Überdehnung vermeiden kann.

Können Nerven, vor allem der Pudendusnerv durch die OP verletzt werden oder sich bestehende Nervenirritationen verschlimmern?

Grundsätzlich: Fragen Sie eine/n Operateur*in vor einer OP, dann wird dieser immer antworten: JA! Egal, was Sie fragen.

Aber: Ich wüsste nicht, wie eine Verschlechterung bei „Preanal repair“ auftreten sollte (ausgenommen schwerste Infektionen mit Zerstörung von riesigen Gewebebereichen, sogenannte Fournier-Gangrän, was ich aber zum Glück nach dieser OP in > 30 Jahren noch nicht gesehen habe), da wir weit weg von den Nerven operieren.

Kann durch die OP auch ein Descensus perinei (Tiefertreten des Damms beim Pressen unter die Sitzbeinhöckerebene) behoben werden? Und wenn ja, wie lange hält es?

Ja, aber nur in geringem Ausmaß. Vom Perineum (=Damm) aus können wir den Descensus um 1-2 cm korrigieren, was bei jungen, sonst gesunden Frauen oft ausreicht. Bei größeren Senkungen muss man zu anderen OP-Methoden (durch den Bauch hindurch in Form von Schlüssellochchirurgie) greifen.

Wie lange das hält, hängt von mehreren Faktoren ab:

a) Bindegewebe: wir heben den Beckenboden durch Nähte an, die Narben erzeugen. Narben bestehen aus Bindegewebe. Wenn man insgesamt ein Bindegewebsproblem hat, ist das Risiko, dass die Narben im Laufe der Zeit weicher werden und somit sich dehnen, die Senkung also wieder zunimmt, größer. Ein genetisch bedingter Faktor, auf den wir nur bedingt (nämlich durch das Einsetzen von Netzen oder Bändern) Einfluss nehmen können. Bänder oder Netze haben aber beim Preanal repair nichts zu suchen.

b) Ausmaß und Lage der Schäden: je ausgeprägter eine Schädigung ist, je weiter sie sich von der Mitte des Beckens an die Seite in die Nähe der Beckenknochen verlagert, umso größer das Risiko für erneute Senkungen.

c) Sogenannte Compliance der Patient*innen, also: wie und wie lange SIE das machen, was wir empfehlen: Prof. CCFMJ Baaten hat schon früh in den 2000er Jahren zeigen können, dass die Frauen, die das Beckenbodentraining, das sie mit 6 Monaten Biofeedback nach der OP richtig erlernen sollen und dann ein Leben lang täglich durchführen müssen, irgendwann nicht mehr konsequent durchführen, weil sie beschwerdefrei/-arm sind, innerhalb von ca. 2 Jahren sehr häufig ein Senkungsrezidiv bekommen. Dies deckt sich auch vollständig mit meinen persönlichen Erfahrungen.

Kann die OP auch Missempfindungen/Druck im Analbereich beheben oder nur Stuhlinkontinenz?

Oft sind Druck/Missempfindungen durch eine Rektocele oder Senkung ausgelöst. Wenn die Untersuchungen zeigen, dass dies die einzigen Störungen sind, würde ich zu einer OP raten, auch wenn keine Inkontinenz vorliegt. Meine Erfahrung zeigt, dass oft das Druckgefühl nach der OP besser wird oder verschwindet, wenn keine weiteren Störungen vorhanden sind.

Macht die OP Missempfindungen/Druckbeschwerden im Analbereich sogar vielleicht schlimmer, weil der teilweise kaputte und bei vielen Frauen mit Beckenbodenverletzungen verspannte Levator operiert wird?

Es kann tatsächlich passieren, dass Druckgefühl oder Missempfindungen nach Beckenboden- Operationen zunehmen. Allerdings ist das nach meiner Erfahrung selten und tritt so gut wie nie nach dem „Preanal repair“ auf, eher nach den deutlich umfangreicheren laparoskopischen Rekonstruktionen bei ausgedehnten Schäden.

Mögliche Ursachen dafür sind zum Beispiel:

a) Druckgefühl/Spannungsgefühl im Beckenboden, weil der zuvor schlaffe Beckenboden nicht nur angehoben, sondern auch angespannt wurde. Wenn die Senkung länger vorbestand, wird die neue (eigentlich normale) Spannungssituation im Beckenboden bisweilen als unangenehm, manchmal auch schmerzhaft wahrgenommen. Wenn keine zusätzlichen Nervenschäden vorhanden sind, bessert sich dies aber erfahrungsgemäß nach der OP in Laufe der Zeit.

b) Bei ausgedehnten Vorschäden, die eine OP durch den Bauch notwendig machen (Schlüssellochchirurgie/laparoskopische OP), entstehen nach einer OP entsprechend auch größere Narbenfelder. Narben können aber –je nach persönlicher genetischer Veranlagung- unterschiedlich stark nach einer OP im Verlaufe der Heilung schrumpfen. Diese Schrumpfung nach kann im Verlauf mit einem Abstand von mehreren Wochen bis mehreren Monaten zu neu auftretenden Beschwerden führen.

c) Ist die Ursache der Missempfindungen/ Druckgefühl die Überdehnung der Nerven durch die Senkung, kann man nicht vorher sagen, ob auch nach Beseitigung der Senkung der Nerv sich erholt und somit die Beschwerden rückläufig sind.

d) Wir wissen, dass Menschen, die über längere Zeit chronische Schmerzen haben, eine Änderung ihrer Schmerzwahrnehmung in ihrem Schmerzzentrum erfahren. Darauf hat eine OP leider keinen Einfluss, dies kann aber dazu führen, dass Heilungs- und Narbenbeschwerden, die üblicherweise als nicht belastend angesehen werden, bei solchen chronischen Schmerzpatienten als massiv belastend, manchmal sogar als Verschlimmerung wahrgenommen werden – einer der Gründe, warum ich nach Diagnosestellung NICHT rate, noch einige Jahre zu warten, wenn eine Senkung festgestellt wurde.

Wenn der Beckenboden durch das Preanal repair hochgezogen wird, besteht dann auch die Hoffnung, dass der Blasenschließmuskel stärker wird, weil auch er sich regenerieren kann ...

... (wenn beide Schließmuskel, auch der der Blase, sehr schwach sind und der Beckenboden sehr tief sitzt)?

Ja, ich erlebe tatsächlich immer wieder, dass sich nach dem „Preanal repair“ auch Blasenprobleme verbessern. Allerdings kann die Anhebung des Beckenbodens und das Zurückschieben der Scheide und der Gebärmutter in die normale Position auch unter bestimmten Bedingungen dazu führen, dass die Blase zu sehr nach vorne kippt, dadurch die Harnröhre abknickt und neue Beschwerden auftreten, die zuvor nicht da waren. Dies kann z.B. dann passieren, wenn auch Schäden im sogenannten vorderen Kompartiment, also zwischen Schambein, Blase und Scheide vorhanden sind. Deswegen bestehe ich bei allen Patientinnen vor OP auf Vorstellung bei einem/einer spezialisierten Urogynäkolog*in.

Ist Analsex nach der OP noch erlaubt?

Nach einem „Preanal repair“ ja, da wir den Schließmuskel nur nach vorne raffen und straffen. Dadurch wird keine Enge im After erzeugt. Solange keine Schmerzen auftreten, die ein Zeichen für eine Muskelüberdehnung sein können, spricht bei beiderseitigem Einverständnis und Vorsicht nichts dagegen. Oder anders formuliert: Wenn man festen Stuhlgang hat, hat die Stuhlsäule, die auch nach dieser OP problemlos entleert werden kann, oft einen Durchmesser von 3-4 cm. Da ein erigierter Penis normalerweise nicht dicker ist… wenn etwas ohne Probleme raus kann, warum dann nicht auch rein?

Anders liegt der Fall bei einem künstlichen Schließmuskel, der ringförmig um den Schließmuskel gelegt wird. Dieser könnte beim Analsex geöffnet werden, also seine Funktion verlieren. In diesem Fall würde ich dringend vom Analsex abraten. Nach Baucheingriffen am Becken gibt es ebenfalls keinen Grund, Analverkehr zu vermeiden, solange er keine Beschwerden verursacht.


FRAGEN ZUM OPERATIONSZEITPUNKT

Wann ist der optimale Zeitpunkt für die OP, wann nach Entbindung? Und wie ist es bei noch bestehendem Kinderwunsch (mit geplantem Kaiserschnitt)?

Grundsätzlich gilt: Je eher, desto besser. Am besten also: direkt nach Entbindung, noch im Kreißsaal. Das zeigt aber auch das Problem: Viele Patientinnen kommen oft erst später, weil man denkt, die Beschwerden nach Entbindung seien noch normal. Studien haben gezeigt, dass bei OP innerhalb von sechs Monaten nach Verletzung die größte Wahrscheinlichkeit auf Heilung besteht. Das ist auch einer der Gründe, warum viele Chirurg*innen nach dieser Zeit von einer OP abraten (einer der anderen Gründe ist, dass immer behauptet wird, nach der OP kann es noch schlimmer werden. Vergleichen Sie dazu die Antwort auf die Frage „Die OP- Methode Preanal repair“). Ein erneuter Kinderwunsch steht einer Rekonstruktion nicht entgegen, Für und Wider einer Sectio sollten im Einzelgespräch genau erörtert werden.

Macht das „Preanal repair“ Sinn, wenn man noch einen Kinderwunsch hat und ist vaginal entbinden dann noch möglich/sinnvoll oder lieber Kaiserschnitt?

Diese Frage generell zu beantworten, ist fast unmöglich. Ich würde die Entscheidung individuell nach ausführlicher Beratung treffen. Punkte, die hierbei zu berücksichtigen sind: Ausmaß der Schädigung, aktuelle Beeinträchtigung der Lebensqualität, Zeitpunkt der neuen geplanten Schwangerschaft.

Grundsätzlich spricht NICHTS gegen eine erneute vaginale Entbindung nach einem „Preanal repair“. Im Gegenteil - wir wissen, dass Narben ein sogenannter locus minoris resistentiae, ein Ort des geringsten Widerstandes sind. Wenn es bei einer erneuten vaginalen Entbindung wieder zu Zerreißungen kommt, ist die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die alte Verletzung, die noch nicht rekonstruiert wurde, durch weiteres Einreißen noch schlimmer wird. Allerdings können auch die Narben nach „Preanal repair“ reißen, nur hat man dann nicht eine Lücke, die noch weiter einreißt, sondern eine rekonstruierte Situation, so dass das Risiko, dass es zu einer massiven Verschlechterung kommt, nach meiner Einschätzung nicht so groß ist. Allerdings gibt es dazu leider keinerlei Studiendaten.

Aus meiner Sicht spricht nichts gegen einen Kaiserschnitt, allerdings sollte dies vorab mit dem/der Geburtshelfer*in diskutiert werden. Wozu ich aber IMMER raten würde: Nach einer erneuten vaginalen Entbindung sofort nach Ende des Wochenflusses zur Endosonographie kommen, um neu aufgetretene Verletzungen frühzeitig zu entdecken und behandeln zu können.

Gibt es einen Zeitpunkt nach Geburt, ab dem die OP keinen Sinn mehr macht?

Nein! Wir operieren Frauen, die 70 oder 80 Jahre alt sind, bei denen zu den Verletzungsbeschwerden noch altersbedingte Schließmuskelschwäche und auch Bindegewebsschwäche dazu kommt. Die Ergebnisse sind zwar erwartungsgemäß nicht so gut wie bei jungen Frauen, aber deutlich besser als vor der OP. Soll man eine Frau, die Probleme bei der Stuhl- und/ oder Urinkontrolle hat, irgendwann sagen: tut mir leid, Sie kommen 6 Monate zu spät, jetzt geht nichts mehr? Lieber frühzeitig, aber zu spät gibt es bei Beschwerden nicht!

Ist das Outcome nach einer Folgeschwangerschaft evtl. auch gut, weil das Gewebe regenerationsfähig ist? Oder ist das einzige Kriterium die Zeitspanne, nachdem der Schaden entstanden ist?

Leider habe ich bisher nur wenige Frauen in meiner Behandlung, die nach dem „Preanal repair“ nochmal vaginal entbunden haben – bisher ohne Probleme. Bei der geringen Fallzahl möchte ich keine generellen Aussagen ableiten, nur anführen, dass ein reparierter Beckenbodenschaden aus MEINER Sicht nicht gegen eine erneute vaginale Entbindung spricht. Die Zeitspanne, nach der der Schaden entstanden ist, ist meines Erachtens zweitrangig.

Kann die OP auch nach Jahren der letzten Geburt (16 Jahre) vorgenommen werden? Vor der Menopause? Und was empfehlen Sie nach der Menopause?

Die ersten Frauen, die ich so behandelt habe, waren alle jenseits der Menopause. Leider hat sich erst in den letzten Jahren zunehmend herum gesprochen, dass Probleme nach der Entbindung nicht schicksalhaft sind und tapfer ertragen werden sollten, sondern behandelt werden können. DIE ALTERSINKONTINENZ DER FRAU IST NICHT SCHICKSALHAFT, nur dann, wenn man nicht an den/die richtige/n Behandler*in kommt. Wir haben heute sehr viele Möglichkeiten, die Kontinenz und die Lebensqualität zu verbessern. Ob eine Op durchgeführt werden sollte, hängt a) von der Schwere der Verletzungen und b) von der Beeinträchtigung der Frauen durch diese Verletzungen ab.

Allerdings habe ich auch schon erlebt, dass Frauen, die wegen geringer Probleme vor Jahren in die Diagnostik kamen, sich wegen geringer Alltagsbelastung dann gegen eine OP entschieden haben, mit zunehmendem Alter, also abnehmender Muskelkraft auch im Beckenboden und Schließmuskelbereich und nachlassender Bindegewebsspannung dann bei diesen Frauen massiv zunehmende Beschwerden auftraten. Die bei erneuter Diagnostik gefundenen Probleme hatten deutlich zugenommen und waren nur deutlich aufwendiger zu beheben, bisweilen mit schlechteren Ergebnissen als zuvor zu erwarten gewesen wäre – weil nach einigen Jahren der Beckenbodensenkung bei diesen Frauen dann leider Nervenschäden aufgetreten waren, die bei der Erstuntersuchung noch nicht vorhanden waren.

Also: Ich empfehle jeder Frau eine komplette Diagnostik bei Beschwerden. Wenn der Beckenboden noch in der Lage ist, den Descensus komplett auszugleichen und die Lebensqualität nicht wesentlich beeinträchtigt ist, kann man abwarten, aber täglich Beckenbodentraining zur Aufrechterhaltung der Beckenbodenmuskulaturkraft machen. Bei Beschwerdezunahme: Erneute Diagnostik! Kann die Frau in der MRT- Untersuchung den Beckenboden nicht mehr auf ein normales Niveau anheben, rate ich grundsätzlich wegen meiner Erfahrung mit Frauen, die Jahre später mit einer deutlichen Verschlechterung kamen, zu einer OP innerhalb von 12 Monaten.

Mein Problem dabei ist, ich kann nicht BEWEISEN, dass die Frauen, die ich in den letzten Jahren vor Einsetzen der Menopause operiert habe, dann, wenn sie 70 oder 80 Jahre als sein werden (also in 20-30 Jahren nach OP) die Beschwerden nicht bekommen werden, die heute Frauen in diesem Alter zu uns führen. Es spricht aber aus meiner Sicht und nach meiner Erfahrung viel dafür, dass die Rekonstruktion frühzeitig die späteren zum Teil massiven Probleme verhindern oder verzögern kann.

Was ist, wenn man abwarten möchte und jetzt keine OP will. Was empfehlen Sie denn im Alter, wenn alles schlimmer sein sollte, kann man dann auch noch irgendwas machen?

Grundsätzlich kann man nach meiner Erfahrung immer noch was machen, nur wird es immer aufwendiger, invasiver, die Erfolgsaussichten nehmen ab, wenn es durch die Senkung zur Überdehnung der Beckenbodennerven und somit einsetzenden Nervenschäden kommt. (Siehe auch Frage „Kann die OP auch nach Jahren der letzten Geburt (16 Jahre) vorgenommen werden?“)


FRAGEN ZUR ZEIT NACH DER OP

Haben Sie Empfehlung zur Reinigung des Damms/Analbereiches nach OP?

Ausduschen mit klarem Wasser, hautfreundliche pH-neutrale Seifen, rückfettend können verwendet werden. Die Region sollte nach der Reinigung trocken gehalten werden, Einlagen mit Plastikstreifen vermieden werden, da Feuchtigkeit in diesem Bereich die Gefahr einer Pilzinfektion erhöht.

Wie hoch darf man sich nach der Schonzeit belasten (hüpfen, joggen, aber auch Krafttraining bis 30 kg)?

Da gibt es eine einfache Regel:
Alles, was Sie machen können, ohne dass Sie in Pressatmung verfallen (das merkt man, wenn sich die Stimme verändert, wenn man laut spricht), sollte ca. 6 Wochen vermieden werden. Danach ist alles wieder erlaubt.

Was ist nach der OP zu beachten?

a) Normale Ernährung möglich, besonders in der ersten zwei Wochen darauf achten, ausreichend zu trinken, um den Stuhlgang geschmeidig zu halten, eventuell Einnahme von Flohsamen zur Stuhlregulation.

b) In den ersten 6 Wochen körperliche Belastung unter Vermeidung von Pressatmung, danach ist wieder alles möglich (s. Frage „Wie hoch darf man sich nach der Schonzeit belasten“).

c) Bei normaler Wundheilung: Duschen ist sofort nach OP wieder erlaubt. Zwei Wochen bitte keine Badewanne, nicht schwimmen, öffentliche Sauna, danach ist das Baden, Schwimmen oder die Sauna wieder erlaubt.

d) Bei Heilungsstörungen der Wunde: 2 Mal täglich mit klarem Wasser die Dammregion reinigen, trockene Vor-/Einlagen verwenden, keine öffentlichen Schwimmbäder oder Saunen besuchen, bis die Kontrolluntersuchung bei uns nach 6 Wochen erfolgt ist.

e) Solange die Dammregion noch schmerzhaft ist: Direkten Druck vermeiden, also Kissen oder Schwimmring vor dem Hinsetzen unterlegen.

f) Sex ist möglich, sobald er gewünscht wird und nicht mehr Schmerzen bereitet. Am Anfang am besten Gleitmittel verwenden, um Scheerbewegungen zu vermeiden.

g) Bei Problemen jederzeit Rücksprache mit der Klinik halten.

h) 6-8 Wochen nach OP zur Kontrolluntersuchung in die Klinik kommen.

i) Nach der Kontrolluntersuchung 6 Monate Biofeedbacktraining, eventuell in Kombination mit Elektrostimulation, täglich mindestens 10-15 min.

j) Dauerhaft nach Ende der Biofeedbackbehandlung: tgl. 15 min Beckenbodentraining durchführen.


OUTCOME

Wie ist die Haltbarkeit und Erfolgsquote der OP und vor allem der Levatorplastik?

Bei ca. 70% der Patientinnen kommt es zu einer deutlichen Besserung der Beschwerden bis zur Beschwerdefreiheit. Bilden sich die Beschwerden nicht innerhalb von 6 Monaten ausreichend zurück, haben wir bisher immer Schäden am Beckenbodennervensystem als Ursache für Restprobleme identifizieren können, die sich dann nicht mehr (komplett) zurück gebildet haben. Die Langzeitprognose ist nach heutiger Erkenntnis im Wesentlichen von zwei Faktoren abhängig: a) genetische Bindgewebsveranlagung und b) ob die Patientinnen die empfohlenen Beckenbodenübungen konsequent weiter durchgeführt haben.

Ist die Rezidivrate höher mit Avulsion?

Ja, allerdings kann ich hier keine Prozentzahlen nennen.

Ist die Größe des Hiatus entscheidend für die Rezidivrate?

Der Hiatus ist einer von mehreren Faktoren, die die Rezidivrate beeinflussen, weil er die Spannung, die auf die Narben ausgeübt werden, beeinflusst (siehe auch Frage: „Wie ist die Haltbarkeit und Erfolgsquote der OP und vor allem der Levatorplastik).

Wie sind die Erfolgschancen bei sehr schwachem Beckenboden?

Ein sehr schwacher Beckenboden ist meist entweder ein Zeichen einer Avulsion oder einer komplexen Nervenschädigung oder einer Kombination von beidem. Beides reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Besserung durch die alleinige Rekonstruktion. Hier werden in der Folge oft additive Eingriffe (z.B. Sakralnervenmodulation) notwendig sein.

Welche Risiken und Komplikationen gibt es?

Theoretisch jedes Risiko einer OP, von Verletzung von Nachbarorganen, Infektion über Nachblutung, Fistelentstehung zwischen Darm und Scheide, Schließmuskelschwäche, Thrombose, Embolie, Lungenentzündung etc.

Realistisch habe ich nur Heilungsstörungen der Wunde erlebt, die unter konservativen Maßnahmen (Ausduschen, sehr selten Antibiotika) innerhalb von 6 bis 8 Wochen ausheilen. Einmal kam es zu einer Entstehung eines großen Blutergusses im Damm, weil ein versiegeltes Blutgefäß unter der Haut wieder aufgegangen ist, so dass wir in Narkose die Wunde eröffnet haben und den Bluterguss abgesaugt haben, um eine Infektion zu verhindern. Weitere Komplikationen, auch die theoretischen, habe ich in über 30 Jahren, die ich jetzt Patient*innen mit dieser OP- Methode verfolge, persönlich nicht gesehen – was aber leider nicht bedeutet, dass sich so ein sehr seltenes Risiko nicht irgendwann einmal verwirklichen kann.

Etwas, was lästig sein kann, aber selten direkt nach der OP auftritt: Durch die veränderte Spannung im Beckenboden- und Schließmuskelbereich kann es auch reflektorisch zu vorübergehenden Verkrampfungen des Blasenschließmuskels kommen, so dass das Wasserlassen nach der OP schwer sein kann oder eventuell in den ersten Tagen gar nicht klappt (bei Männern kommt die nach Eingriffen an der Prostata oder After häufiger vor, bei Frauen ist das sehr selten). Wenn Medikamente dann nicht helfen, muss eventuell vorübergehend ein Katheter gelegt werden, damit der Urin ablaufen kann, da eine volle Blase, die sich nicht entleeren kann, SEHR unangenehm ist. Wenn ein Katheter gelegt werden muss, kann auch eine Blasenentzündung auftreten, was ich allerdings noch nicht erlebt habe, weil alle Patient*innen sowieso nach der OP für drei Tage Antibiotika bekommen, um das Risiko für Wundheilungsstörungen bei After-naher OP so weit wie möglich zu senken.

Wie hoch ist das Risiko, dass die Stuhlinkontinenz nach der OP schlimmer ist als vorher?

Dies habe ich bisher noch nicht erlebt, da wir die Schließmuskel nicht kürzen oder Narben wegschneiden, die Speicherfähigkeit des Mastdarmes nicht reduzieren und Nervenverletzungen bei dieser OP eigentlich nicht mal vorstellbar sind, weil im OP-Gebiet keine Nerven verlaufen.

Verlängert sich nach der OP die Vorwarnzeit für den Toilettengang?

Das hängt davon ab, ob und in welchem Umfang Schäden an den Beckenbodennerven vorhanden sind. Normalerweise normalisiert sich die Vorwarnzeit nach der OP wieder, wenn keine weiteren Störungen bestehen.

Ist Stuhlschmieren dadurch behandelbar?

Hier hängt die Antwort von dem Grund des Stuhlschmierens ab. Wenn die Ursache eine Rektocele, eventuell in Vergesellschaftung mit einer Schließmuskelverletzung ist, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Schmieren verschwindet, sobald die Wundheilung abgeschlossen ist (kann bis zu 6 Monate dauern!).

Was sind gute bzw. schlechte Voraussetzungen für ein gutes Outcome?

Gute Voraussetzungen:

  • Möglichst kurzes Zeitintervall zwischen Verletzung und OP
  • Kein Nervenschaden
  • keine Avulsion
  • Schließmuskellücke nicht größer 2 cm

Schlechte Voraussetzungen:

  • Manifeste Nervenschäden
  • Senkung mehr als 5 cm beim Pressen
  • Fehlende Möglichkeit, den Beckenboden um mehr als 1 cm aktiv anzuheben
  • große Verletzungen mit Muskellücken größer als 2 cm
  • Avulsionen
  • Fehlende Mitarbeit der Patient*innen (kein/unzureichendes Beckenbodentraining)
  • Begleiterkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis oder Erkrankungen des Nervensystem (z.B. Multiple Sklerose, Polyneuropathie)
  • Bestrahlungen des kleinen Beckens in der Vorgeschichte
  • Krebsoperationen im kleinen Becken in der Vorgeschichte
Gibt es Kontraindikationen? Wenn ja, welche?

Kontraindikationen bestehen grundsätzlich nur, wenn Patient*innen so viele oder schwere Begleiterkrankungen haben, dass das Narkose- und OP-Risiko unverhältnismäßig erhöht ist. Schließlich behandeln wir keine lebensbedrohliche Erkrankung, so dass ein Risiko für den Patient*innen, die Narkose nicht zu überstehen, eine absolute Kontraindikation darstellt.


FRAGEN ZUM VORDEREN/MITTLEREN KOMPARTIMENT

Gibt es Auswirkungen auf das vordere und mittlere Kompartiment und inwieweit wird der ganze Beckenboden angehoben?

Das „Preanal repair“ hebt den Beckenboden um ca. 1-2 cm an, mehr geht nur durch OPs, die vom Bauchraum aus durchgeführt werden. Bei geringfügigen Senkungen im vorderen und mittleren Kompartiment kann es dann auch zu Verbesserungen dort kommen.

Sind größere Senkungen vorhanden, wird das vordere Kompartiment durch diese OP nicht ausreichend stabilisiert und kann sogar schräg abkippen, weil das hintere Kompartiment jetzt höher liegt. Hierdurch kann die Anhebung des Beckenbodens hinten und das Zurückschieben der Scheide und der Gebärmutter in die normale Position auch unter bestimmten Bedingungen dazu führen, dass die Blase zu sehr nach vorne kippt, dadurch die Harnröhre abknickt und neue Beschwerden auftreten, die zuvor nicht da waren. Um dies zu vermeiden, bestehe ich bei allen Patientinnen mit ausgeprägter Senkung oder Symptomen, die für Probleme im vorderen oder mittleren Kompartiment sprechen, vor OP auf Vorstellung bei einem/einer spezialisierten Urogynäkolog*in.

Arbeiten Sie mit jemandem zusammen, der in einer OP gleich das vordere Kompartiment mitoperieren könnte oder würde? Wenn ja, welche OP-Methode wird dann für vorne verwendet?

Ja, Prof. Dr. med. Werner Bader, der Chefarzt unserer Gynäkologischen Klinik, ist ein ausgewiesener Experte für Urogynäkologie und wird von uns regelhaft bei Patientinnen mit Blasenbeschwerden oder wenn wir einen Einfluss unserer geplanten OP auf das vordere Kompartiment annehmen können, routinemäßig vor der OP konsultiert. Wir operieren auch gemeinsam in gleicher Narkose, allerdings nur, wenn keine OP in direkter Afternähe geplant ist (also nicht bei „Preanal repair“), da durch die Nähe zum After die Infektionsgefahr im vorderen und mittleren Kompartiment durch Keimverschleppung unverhältnismäßig erhöht wäre. Das Risiko wäre deutlich größer als das Risiko einer zweiten Narkose bei getrennt stattfindender OP.

Kann die OP mit einer Levator OP wie der, die Dr. Albrich entwickelt, kombiniert werden?

Bei Bedarf: Ja!


SONSTIGE FRAGEN

Würden Sie bei Frauen mit schlecht diagnostiziertem Dammriss und den Symptomen einer eventuell auch nur leichten analen Inkontinenz (Stuhlschmieren oder Windinkontinenz), die direkt nach der Geburt auftritt, eher die Rückbildung abwarten...

... oder würden Sie den Defekt möglichst bald in den Wochen nach der Geburt operieren?

Die Ergebnisse sind da eindeutig: Sobald eine Symptomatik besteht, sollte man so frühzeitig wie möglich operieren, also (wegen der erhöhten Infektionsgefahr unter Wochenfluss) nach Ende des Wochenflusses.

Was ist ein „Postanal repair“? Ist diese OP mit dem „Preanal repair“ vergleichbar?

Das „Postanal repair“ nach Parks ist eine komplett andere OP, die ich seit mehr als 20 Jahren wegen schlechter Ergebnisse schon 12 Monate nach OP nicht mehr durchführe. Bei dieser OP werden durch einen Schnitt hinter dem After der äußere Schließmuskel und der M. Puborectalies gerafft, es werden dabei weder Schließmuskellücken rekonstruiert noch eine Rektocele behandelt.

Gibt es Ihrer Meinung nach angeborene Schließmuskeldefekte? Und können diese auch per „Preanal repair“ behoben werden?

Ja, es gibt angeborene Schließmuskeldefekt, man nennt dies Analatresie. Die Analatresie ist eine Bildungsstörung des gesamten Afterkanals und unteren Mastdarms kann in unterschiedlichen Graden auftreten, manchmal auch nur mit geringen Defekten bei sonst normaler After- und Darmentwicklung. Die Analatresie kommt bei Jungen deutlich häufiger als bei Mädchen vor. Wie diese am besten zu behandeln ist, hängt von dem Umfang der Anlagestörung ab und lässt sich nicht allgemein beantworten.

Zur zweiten Frage: Ja, bei einer entsprechenden Konstellation wäre auch ein Preanal repair (allerdings ohne Rektocelenraffung) sinnvoll.

Gegen welche Beschwerden hilft die allgemeine operative Anhebung des Beckenbodens?

Die Frage lässt sich so nicht klar beantworten, sie muss eher anders herum gestellt werden: Welche Beschwerden habe ich und sind diese durch eine Beckenbodensenkung verursacht?

Mögliche Symptome einer Blasensenkung sind:

  1. Inkontinenz für Winde/Stuhl/Urin,
  2. Gefühl der unvollständigen Darmentleerung/Blasenentleerungstörung,
  3. vermehrter Toilettenpapierverbrauch, um sich zu reinigen,
  4. Nachschmieren/verschmutzte Unterwäsche,
  5. Druckgefühl im Damm/Scheidenbereich,
  6. Fremdkörpergefühl in der Scheide
  7. und vieles, vieles mehr.

Im Zweifelsfall hilft leider nur eine komplette Diagnostik mit urogynäkologischer Abklärung und koloproktologischer Funktionsdiagnostik (Austastung des Afters, Rektoskopie, Manometrie, Endosonographie, MRT- Untersuchung, gegebenenfalls weitere Untersuchungen in Spezialfällen), um zu entscheiden, was an Veränderungen vorliegt und wie am besten behandelt werden kann. Eine alleinige Anhebung des Beckenbodens macht nach meiner Erfahrung oft nur wenig Sinn.